Warum Männer offener denn je für plastische Chirurgie sind

Es ist noch gar nicht so lange her, da war die plastische Chirurgie eine Frauensache – und schon damals umstritten. Die Vorstellung, dass ein Mann sich einer größeren Operation unterziehen würde, nur um etwas Oberflächliches wie die Größe seiner Nase oder die Tränensäcke unter seinen Augen zu behandeln, wurde als eitel angesehen.

Männer scheuten im Großen und Ganzen die Arena, und wenn sie sich doch etwas antun ließen, wurde es privat gehalten. Doch in den letzten Jahren ist sowohl die Anzahl der Schönheits-OPs bei Männern als auch die Zahl der Männer, die öffentlich zu ihren Eingriffen stehen, deutlich angewachsen. Es gibt mehrere Gründe für diese Entstigmatisierung. Zum einen werden die Möglichkeiten der Behandlungen immer fortschrittlicher und viele Behandlungen, die vor 20 Jahren noch einer OP benötigten, erfolgen heute minimal- oder nicht-invasiv. Aber, so beachten Experten, auch der gesellschaftliche Druck auf die Männer, stets gut auszusehen hat deutlich zugenommen.

Druck am Arbeitsplatz

Wir befinden uns auch in einem völlig neuen beruflichen Umfeld, in dem die Menschen viel länger im Berufsleben bleiben als je zuvor. Viele arbeiten bis in ihre 70er Jahre hinein und verspüren einen wachsenden Druck, neben den deutlich jüngeren Kollegen möglichst lange gut auszusehen. Das mag nicht in allen Branchen gelten, aber in manchen Berufszweigen ist es wichtig, nicht nur geistig, sondern auch optisch auf Augenhöhe mit der jüngeren Generation zu sein.

Änderungen im Lebensstil

Männer, vor allem frischgebackene Väter, spüren ebenfalls den Druck. Plastische Chirurgen, vor allem in den USA, verzeichnen einen großen Zuwachs bei sogenannten „Daddy Do-Overs“, dem männlichen Äquivalent zum „Mommy Make-Over“. Männer haben zwar nicht die körperlichen Auswirkungen von Schwangerschaft und Geburt, aber mit der Geburt der Kinder ändert sich auch der Lebensstil. Zwischen Arbeit und Familie fehlt häufig die Zeit für Sport und Fitness, parallel dazu ändern sich durch die Kinder auch die Mahlzeiten im Haus. Beim Daddy Do-Over werden alle Körperstellen behandelt, denen man den veränderten Lebensstil besonders deutlich ansieht. Dazu gehören Fettabsaugungen am Bauch und an der Brust und Bauchdeckenstraffungen.

Verbesserte Techniken

In einer kürzlich durchgeführten Studie der plastischen Chirurgen Dr. Michael Reilly und Dr. Steven P. Davidson aus Washington, D.C., wurde herausgefunden, dass plastische Eingriffe im Gesicht die Wahrnehmung von Sympathie, Attraktivität, Vertrauenswürdigkeit und sozialen Fähigkeiten deutlich verbessern können. Die Ärzte untersuchten mehrere Verfahren, darunter Facelifts, Halslifts und Kinnimplantate. Männer machen heute etwa 15 % des Marktes für kosmetische Chirurgie aus, und die Ärzte erkennen die Notwendigkeit, männliche Merkmale anders anzugehen als weibliche. In den letzten Jahren hat sich die Medizin angepasst und neue Operationen und Techniken speziell für männliche Patienten entwickelt, was vielleicht zu einem generellen Anstieg der Zahl der Männer geführt hat, die sich für einen Eingriff entscheiden.

Einfluss der sozialen Medien

Wie jede andere Facette unserer modernen Kultur wurde auch die Schönheitschirurgie von Instagram, Snapchat und Co. tiefgreifend beeinflusst – von der stärkeren Betonung der Ästhetik in diesen Medien bis hin zur Transparenz, mit der viele Nutzer über ihre eigenen Eingriffe sprechen. Besonders für Männer, wenn sie sich selbst betrachten und ihren Hals oder ihre Nase oder ihre Augenlider in einem Selfie sehen, sehen sie etwas, das nicht gut aussieht. Sie werden sich dessen immer bewusster und wollen mehr tun – sei es mit einer guten Hautpflege, mit Fillern oder Botox oder mit einer Operation. Die sozialen Medien haben es auch einfacher gemacht, in die einst überwältigende und undurchschaubare Welt der Plastischen einzudringen. Die meisten Ärzte sind auf Instagram aktiv und posten Fotos von ihren Ergebnissen und gelegentlich sogar Aufnahmen von der Operation – und es gibt unzählige Accounts und Hashtags, die sich mit bestimmten Verfahren beschäftigen.